Ein Bericht von Marianne Fechner und Mai Anne Nguyen

März 2025: Rosental

Sonntag, 2. März 2025

Der Frühling rückt immer näher – das merkt man auch daran, dass der Leipziger Birding Treff wieder früher startet. Um 9 Uhr treffen sich 26 Birder*innen am südlichen Eingang des Rosentals, voller Vorfreude auf den heutigen gemeinsamen Ausflug. Bei 2°C und bewölktem Himmel machen wir uns, mit ein bisschen Hoffnung auf späteren Sonnenschein, auf den Weg. Kleiner Spoiler: Wir wurden nicht enttäuscht!

Der Kleiber begleitet uns mit seinen Rufen zum Vorderen Rosentalteich, auf dem sich so einige Teich- und Blässhühner, Stockenten und zwei Zwergtaucher tummeln. Unter den Teichhühnern geht es hoch her, hier macht sich der nahende Frühling mit Revierkämpfen bemerkbar. Und so beobachten wir, wie die Streitigkeiten teilweise im Wasser, teilweise spektakulär an Land ausgefochten werden. Mit deutlich geduckter Körperhaltung zieht sich eines der Teichhühner unter unseren mitfühlenden Blicken zurück.

Die winterlichen Temperaturen verlangen nach etwas mehr Bewegung und wir setzen unseren Vogelspaziergang fort. In der vorderen Gruppe macht sich Aufregung breit und alle schließen schnell auf: Ein Schwarzspecht! Entspannt hüpft er nicht weit von uns durch das Unterholz, um dann im Tiefflug über unsere Köpfe zu rauschen. “Mein erster Schwarzspecht”, sagt eine Teilnehmerin fröhlich, und wir freuen uns mit ihr. Denn alle Vogelbegeisterten kennen das schöne Gefühl, eine Vogelart das erste Mal live und in Farbe beobachten zu können (Birder*innen-Sprech: eine Erstsichtung oder auch “Lifer”).

Wir spazieren weiter, uns erwartet eines der heutigen Highlights: Die Graureiherkolonie im Rosental. Auf dem Weg dorthin erfreut uns noch ein Schwarm Stieglitze mit charakteristischem Gesang. Ein paar Augenblicke später sind wir bei den Graureihern angekommen. Die großen Vögel landen vor unseren Augen hoch oben auf ihren Nestern in den Baumkronen. Fasziniert beobachten wir sie und erfahren dabei von unserer Organisatorin viel Wissenswertes über die Kolonie. So stammt einer der Graureiher, der einen Farbring trägt, aus Prag. Dort wurde er 2016 als Nestling im Prager Zoo beringt. Seit Oktober 2017 wurde er wiederholt in Leipzig und der Region gesichtet. Die vielen umliegenden Gewässer bieten den Graureihern im Rosental ausreichend Nahrung – ihr Lieblingsessen: Fisch. Allerdings haben es die brütenden Graureiher leider nicht leicht, seitdem die niedlichen, aber invasiven Waschbären sich das Rosental als Lebensraum erschlossen haben. Das hat leider deutliche Auswirkungen auf den Bruterfolg der Kolonie. Ein Birder baut Stativ, Kamera und Tablet auf – so können wir noch eine Weile gemeinsam auf unseren ganz eigenen “Graureiher-Stream” schauen und die Tiere in Ruhe im Detail betrachten.

© Mai Anne NguyenKamerabild von Graureiherkolonie auf einem Tablet, welches am Kamerastativ befestigt ist

Auf dem weiteren Weg verzaubern uns ein paar Schwanzmeisen und wir freuen uns, die erste Singdrossel des Birding-Treffs in 2025 zu hören. Zwei Mäusebussarde präsentieren uns ihren Rücken und ihr Profil. Mehrere Buntspechte flattern aufgeregt von Baum zu Baum, denn es werden Reviere abgesteckt! Auch die vielfach im Rosental vertretenden Krähen ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich – wir können ein Krähenpaar beim Spielen beobachten, eine andere fällt uns wegen ungewöhnlicher Gefiederschäden auf. An den Federn der Armschwingen, Handschwingen und Schirmfedern stehen noch die Federschäfte, doch es fehlen zum Großteil die davon abzweigenden Federäste (diese bilden die sogenannten Innen- und Außenfahne einer Feder). Die meisten Federspitzen sind noch intakt. Doch an ihrem linken Flügel sind an den Armschwingen ebenfalls keine Federäste mehr vorhanden oder aber die Federspitzen sind abgebrochen. Aber trotz dieser vielen Lücken ist sie flugfähig und es scheint ihr gut zu gehen (im Rosental füttern viele Hundebesitzende regelmäßig die Krähen). Ein Mitglied unserer Gruppe konnte sie bereits im Oktober 2023 hier beobachten und schon damals sahen ihre Flügel so aus.

© Mai Anne NguyenRabenkrähe mit Gefiederschäden

Wir freuen uns über die Sonne, die sich immer weiter hinter den Wolken hervor schiebt und uns aufwärmt. Wir sind mittlerweile am Zooschaufenster angekommen, wo wir drei Arten betrachten, die man unter normalen Umständen nicht erwarten kann: Strauße, Flamingos und Kronenkraniche. In den Büschen vor dem Zoo tummeln sich unzählige Spatzen, die fröhlich tschilpen. Bis plötzlich schlagartig Ruhe ist. Einen Moment später sehen wir, warum: Ein Turmfalkenmännchen lässt sich in einem Baum in der Nähe nieder. Im jetzt schönsten Sonnenschein können wir ihn ganz in Ruhe betrachten.

Und auch ein besonderes Teichhuhn zeigt sich uns und wir machen uns mit gebührendem Abstand bereit für eine Fotosession mit unserem hübschen “Model”. Dank dem grünen Ring an seinem Beinchen wissen wir, dass das Teichhuhn “C01” schon mehr als acht Jahre alt ist und sein ganzes Leben im Leipziger Rosental und in der Nähe verbracht hat. Wir lesen online, dass die durchschnittliche Lebenserwartung freilebender Teichhühner ca. 8 Jahre beträgt, also haben wir hier eine*n Teichhuhn-Omi/Opi vor uns. Wir hoffen natürlich, dass sie/er noch ein paar angenehme Jahre hier verbringen kann.

© Mai Anne NguyenTeichhuhn C01, das seit 2018 im Rosental lebt

Mittlerweile sind über drei Stunden wie im Flug vergangen und wir kommen langsam zu unserem Ausgangspunkt zurück. Beeindruckend, welche Artenvielfalt eine*n mitten in der Stadt erwartet! Ein schöner Birding-Treff mit vielen netten Gesprächen über das Leben und Vögel geht zu Ende und wir freuen uns schon auf das nächste Mal!